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120 Jahre - wie geschmiert! Tainans erster Office-Chair-Run

  • Autorenbild: Talartante
    Talartante
  • 24. Mai 2022
  • 3 Min. Lesezeit

Was für ein aufregender Sonntag für die Jugendlichen der Dongmen-Kirche. Seit Wochen planen sie ein Event zur Feier des 120. Jubiläums der Kirche. Ein Büro-Stuhl-Wettrennen! Insgesamt sollen mit den alten Stühlen 120 Runden um die noch ältere Kirche gerutscht werden. Damit schlagen sie zwei Fliegen mit einer Klappe: Eine witziges Jubiläums-Event und ein Grund, endlich neue Stühle anzuschaffen. Was für eine gelungene Abriss-Party-Idee ;)


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In den vergangenen Wochen wurden Poster entworfen, Facebook-Events erstellt, in der Fußgängerzone geflyert, Gewinne überlegt, Anmeldungen entgegen genommen.

Die Aufregung steigt mit den steigenden Covid-Fällen, die in der Woche zuvor schon viele Gemeindeglieder davon abgehalten haben, das Jubiläum gemeinsam vor Ort im Gottesdienst zu begehen.

Für dieses Event jedoch scheinen die meisten die Covid-Angst über Bord geworfen zu haben. Die Kirchenzeitungen im ganzen Land hatten den Office-Chair-Run beworben. Bis aus der Hauptstadt Taipei reisten Teilnehmende an.

Die Dongmen Kirche, die übersetzt Kirche am Osttor heißt, ist eine der historisch wichtigsten Kirchen in der Geschichte der Presbyterianischen Kirche in Taiwan. Sie wurde von dem Schottischen Missionar Thomas Barclay höchstpersönlich gegründet. Seit ihrem 100. Geburtstag heißt die Kirche deswegen mit vollem Namen “East-Gate-Barclay-Memorial-Church”. Die Umbenennung war eine Initiative des Kirchengemeinderates. (Zum Umgang mit der Kolonialgeschichte und dem Image, den westliche Missionar*innen hier haben, schreibe ich ein andermal mehr.) Der international viel beachtete Theologe Shoki Coe wuchs in dieser Kirche auf und war später hier Pastor und Dekan des theologischen Colleges, das nur wenige Meter von der Kirche entfernt liegt. Unter dem nationalistischen Regime der KMT musste er das Land verlassen und hat in internationalen Kirchennetzwerken, wie dem Ökumenischen Rat der Kirchen, in den 60er und 70er Jahren Taiwan Sichtbarkeit und Unterstützung im Kampf um Selbstbestimmung verschafft. Doch zurück in die Gegenwart: Nach dem Gottesdienst wird die Kirche geschrubbt und geputzt, die Büro-Stühle bereitgestellt, der Empfangstisch hergerichtet, Getränke gekühlt.





Nach und nach treffen die Teilnehmenden und Schaulustige ein.

Begonnen wird mit gemeinsamem Aufwärmen, das der Vikar, der hier Evangelist heißt, moderiert. Das Rennen wird von den Jüngsten eröffnet: Die Kinderkirch-Kinder sind am Start, die ganz Kleinen umrunden die Kirche ausnahmsweise mit Bobycars. Insgesamt treten 10 Teams an, insgesamt soll die Kirche 120 Mal umrundet werden. Von jedem Team wird die Zeit gemessen, die schnellsten drei Teams erhalten einen Platz auf dem Sieges-Treppchen.

Auf dem Stuhl um die Kirche zu kommen ist gar nicht so einfach, dass können vermutlich alle bestätigen, die auf ihrem Büro-Stuhl schonmal weiter gerollt sind, als bis zur nächsten Schublade. Das Anschieben geht ziemlich in die Beine und in den Kurven die Balance zu halten erfordert Konzentration und Körperbeherrschung.

So manche*n haut es aus den Kurven, andere kippen gleich ganz vom Stuhl. Verletzte gibt es zum Glück keine.

Auf der Zielgeraden verlässt einige die Beinkraft, zumal der Boden hier widerständiger ist, als auf den anderen drei Seiten. Zum Glück stehen an jeder Ecke und dazwischen Helfer*innen bereit, die die Verunglückten vom Boden aufsammeln oder sie noch rechtzeitig am Kippen hindern und wo nötig auch anschieben.

Das Publikum unterstützt mit großem Applaus und die Moderatorin heizt die Stimmung ordentlich an. Die Presse ist vor Ort und macht fleißig Fotos. Mit Begeisterung wird am Tag danach von dem Event gleich in mehreren (Kirchen-)Zeitungen berichtet. Hervorgehoben werden neben der exquisiten Idee die Internationalen Teilnehmenden aus Deutschland und Kenia: Benni und unsere Nachbarsfamilie.

Nach zwei Stunden ist es geschafft: 120 Runden, knapp 19 km. Die Sieger*innen werden geehrt - mit Scherpen, die sie als schnellste Rutscher*innen auszeichnen und Seife - damit es auch weiterhin läuft, wie geschmiert.

Doch es geht nicht nur um den Wettbewerb, wie der Pastor im Schlusswort betet, worauf es ankomme ist, dass wir alle gemeinsam - with Gods grace - die 120 geschafft haben. Amen.



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