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Chabábwe!

  • Autorenbild: Talartante
    Talartante
  • 28. Apr. 2022
  • 3 Min. Lesezeit


Vor einer Woche kam ich aus der Quarantäne und seit Freitag bin ich in der Gemeinde in Tainan. Ich stehe vor der presbyterianischen Kirche und warte auf meinen Mentor, Pastor Binxi Liu. Die Kirche steht direkt an einer der Hauptverkehrsadern der Stadt. Umgeben von mehrstöckigen Gebäuden fällt das niedrige Gotteshaus ins Auge.


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„Hey Sarah“, höre ich meinen Namen. Ein junger Mann winkt mir zu und lotst mich zum Eingang des Seitengebäudes. Es ist Alex, ein Mittzwanziger, der für zwei Jahre in der Gemeinde mitarbeitet, bevor er den Master in Theologie machen möchte. In den kommenden Tagen wird er mir kaum von der Seite weichen, er hat die Aufgabe bekommen, für mich zu übersetzen. Innen erwartet uns der Pastor.

Die erste Besprechung findet in seinem Büro statt. Ein länglicher Raum mit Schreibtisch und vielen Büchern – ein Pfarramtszimmer, das man so auch in Deutschland finden könnte. Mit dem Unterschied, dass über der Sofa-Ecke am anderen Ende des Raumes ein riesiger Flachbildschirm-TV hängt. „Damit die Kinder beschäftigt sind, so lange die Eltern zum Gespräch da sind“, meint Pastor Liu. Gemeinsam gehen wir den regulären Wochenplan der Gemeinde durch. Wir verabreden, dass ich zum Ankommen in jede Gruppe gehen werde. Von einer Handglocken-Gruppe, über Jugend- und Kindertreffs, Kirchenchor, ein Gebetskurs, Bibelstunde, Frauenkreis bis hin zu Angeboten für Senior*innen ist viel los in der Gemeinde. Ich bin gespannt!


Im Anschluss an unsere erste Besprechung werde ich herum gezeigt. Die obersten beiden Stockwerke bewohnt Pastor Liu mit seiner Familie. Ein Stockwerk darunter befindet sich eine Art Archiv. Dort treffen wir Daniel, einen junger Mann, der sich der alten Kirchenbüchern annimmt, sie digitalisiert, ordnet und in Mandarin übersetzt. Die Mehrheit der in Taiwan lebenden Menschen spricht zwar Mandarin. Je weiter im Süden der Insel, desto häufiger hört man Taiwanisch. Die Presbyterian Church inTaiwan (PCT) ist ein Ort, an dem diese Sprache gepflegt wird. Dazu aber mehr in einem anderen Eintrag.


Das Gebäude beherbergt eine Vielzahl an Räumen: Für Kinder, für Jugendliche, für Vorträge, Kirchcafé – alles hat einen eigenen Raum. Und es gibt auch Platz für mich: Eine 2-Zimmer-Wohnung wird mir zur Verfügung gestellt, damit ich vor Ort übernachten kann, wenn die Termine es erfordern.


Im Foyer winkt uns eine junge Frau entgegen. „Hello, my name is Joan!“, sagt sie und lacht dabei. In Vorbereitung auf meinen Besuch haben die meisten Mitarbeitenden ihren englischen Namen heraus gekramt, mit dem sie sich mir vorstellen. Sie zu bitten, mir ihren chinesischen Namen zu sagen, habe ich schnell wieder bleiben lassen – bei so vielen neuen Sachen überstieg das meine Erinnerungsfähigkeit und leider kann ich mir die englischen Namen tatsächlich besser merken.


Im Erdgeschoss ist das Büro. Hier arbeiten fünf bis sieben Leute. Eine Sekretärin, ein Beauftragter für Familienarbeit, einer für Jugendarbeit, eine für Musik und bei den anderen habe ich ehrlich gesagt noch nicht verstanden, was ihr Bereich ist. Es ist ein junges Team. Alle Mitarbeitenden, inklusive des Pastors, sind unter 40 Jahren.


Samstag lerne ich den Kirchenchor kennen und unterstütze das Sunday-School-Team beim vorbereiten der Covid-Pakete. Vorsichtshalber wurde beschlossen, das Angebot, das vergleichbar mit Familien- bzw. Kinderkirche ist, für vier Wochen auszusetzen.


Die Jugendlichen teilen später am Abend neben der Bibel auch ihr Leben miteinander. Wie es den einzelnen erging während der vergangenen Woche, wo sie Unterstützung brauchen und wofür sie dankbar sind. Im Vergleich zu den anderen Gemeinde-Gruppen, werde ich hier mit Englisch besser verstanden. Sie sind sehr neugierig. Vor allem, was ich vom Taiwanischen Essen halte wird gefragt. Dazu passend bringen sie mir mein erstes taiwanisches Wort bei: „Chabábwe?“ bedeutet übersetzt so viel wie „Hast du schon gegessen?“ und wird äquivalent zu „Wie geht‘s?“ benutzt.

Damit punkte ich dann auch ordentlich im Begrüßungsgottesdienst, in dem ich meine Vorstellung mit dieser Frage eröffne.

Der erste Gottesdienst am Sonntagmorgen wird von etwa 120 Leuten besucht, von denen nach dem Gottesdienst viele auf mich zukommen, sich vorstellen und mich nochmals persönlich willkommen heißen. Ähnlich viel Herzlichkeit wird auch Benni entgegen gebracht, der in seiner Rolle als mein Mann freudig aufgenommen wird.

Der zweite Gottesdienst scheint wesentlich moderner, die Besucher*innen sind um einiges jünger, es spielt eine Band und es gibt liturgischen Tanz. Auch hier werde ich sehr gastfreundlich aufgenommen.




Obwohl ich in den Gottesdiensten lediglich die Aufgabe hatte, mich vorzustellen, bin ich am Nachmittag völlig k.o. von den ganzen Begegnungen, Namen und freundlichen Worten, die mir mit auf den Weg gegeben wurden. Jetzt geht es also los.


Tíng àn. Peace.

 
 
 

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