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Do you sometimes feel weird?

  • Autorenbild: Talartante
    Talartante
  • 13. Sept. 2022
  • 3 Min. Lesezeit

“Do you sometimes feel weird?”

Die jugendliche Teamerin, die neben mir sitzt beim Sommerfreizeitvorbereitungstreffen schaut mich ernst an.

“Wie meinst du?”, frage ich zurück.

“Hm, so irgendwie draußen. Und anders.”

“Ja.” sage ich, “das geht mir hier oft so. Und dir?”

Sie nickt. “Ja. Eigentlich immer. Die ganze Zeit.”

Sie ist groß, ihre kupferfarbenen Haare sind zu Zöpfen geflochten, ihr Kleidungsstil lebensfroh bunt. Drei Merkmale, die meinem Eindruck nach nicht gerade dem tainanischen Durchschnitt entsprechen.

“Wie geht es dir damit?”, frage ich.

“Ich habe mich daran gewöhnt. Aber manchmal macht es mich traurig.”


Wir unterhalten uns noch ein wenig über ihre Erfahrungen. “Ich finde es ziemlich stark von dir, dass du trotz all dem, was du mir gerade erzählt hast, mich angesprochen und somit integriert hast”, sage ich ganz ehrlich. Und weil hier alle so große Bibelfans sind, bringe ich noch den Vers aus 1. Samuel 16 ins Spiel: Der Mensch sieht nur auf das Augenfällige, der Heilige aber sieht auf das Herz.


Das Vorbereitungstreffen geht weiter. Nachdem alles vorbereitet ist, verabschieden wir uns. Sie bedankt sich. Dafür, dass ich zuhörte. Dass sie sich verstanden fühlte. Und für den Trost. Ich bin gerührt und dankbar für diese Begegnung - und nicht ganz sicher, wer hier wen getröstet hat.



Dieses "weirde" Gefühl, das mein täglicher Begleiter ist, schlägt leider um. Vom irgendwie nicht dazugehören und doch dabei sein hin zu einem unwillkommen sein.


Mit meinem Mentor, dem Gemeindepfarrer, klappt es nur so lala. Es findet weder theologischer Austausch statt, noch gibt es Gelegenheiten, mit ihm Termine und Ideen abzuklären und zu besprechen. Das geht alles über SMS, die, wenn ich Glück habe, beantwortet werden. Das akzeptiere ich soweit, ich hab ja gelernt selbständig und eigenverantwortlich zu arbeiten, komme meinen Aufgaben nach und suche mir weitere sinnvolle Aufgaben.


Tja, und dann kracht es doch. Der Pfarrer bekommt einen regelrechten Wutausbruch, als ich einer Einladung zum Predigen in einer englisch sprachigen Gemeinde folge. Ich entschuldige mich. Bitte um ein Gespräch. Beides lehnt er ab. Ich weiß mir nicht mehr zu helfen - wie geht man mit einem wütenden Mentor um, der gleichzeitig jede Art von Dialog verweigert?

Ich rückversichere mich mit dem Berliner Missionswerk und der EKD, was die Erwartungen an meinen Aufenthalt hier sind. Und da finde ich im E-Mail-Postfach auch schon eine Art Abmahnung aus dem Ökumenischen Büro der PCT. Das wäre zwar nicht mein bevorzugter Kommunikationskanal gewesen, aber immerhin kommt so ein Gespräch in Gang, denke ich mir.

Auf meine erbetene schriftliche Stellungnahme folgt ein Gespräch, das mit folgendem Gebet eröffnet wird: "Lord, thank you for our meeting. Lord, please help Sarah. She needs help, please help her."

Sehr aufschlussreich.

Und um die Pointe vorwegzunehmen: Während des Gesprächs wurde das Gebet nicht erhört. Von den anwesenden Personen sind zwar fast alle redlich bemüht, eine Lösung zu finden, nur leider blockiert die Schlüsselperson - der Pfarrer - alle Vorschläge und beteiligt sich trotz Anwesenheit quasi nicht am Gespräch. Wäre es mir nicht so ernst gewesen, hätte ich gesehen, wie lächerlich sein Verhalten in diesem Gespräch war. Die Gäste aus dem Ökumenischen Büro weisen ihn nicht darauf hin, auch nicht Dr. Lo. Der Pfarrer ist der Chef dieser Kirchengemeinde, der ich zugeteilt bin, und somit wie es scheint unfehlbar in den Entscheidungen, die er innerhalb seiner eigenen Kirchenmauern trifft. Ihn in dieser Runde zu kritisieren käme einem Gesichtsverlust gleich und das ist sehr heikel.

Ich bin ziemlich entmutigt. Der Pfarrer hat sich durchgesetzt. Keine Exkursionen mehr mit Dr. Lo, 14 Stunden Senior*innen-Kreis in der Woche, der Rest Büro-Zeit (die die Kolleg*innen für mindestens 2 Stunden am Tag mit Computer-Spielen füllen). Ich kann es nicht fassen. Meine alternativen Vorschläge, die meiner Meinung nach eine Win-Win-Situation hätten herstellen können, wurden zum Teil nicht mal angehört sondern direkt vom Tisch gewischt.

Der Gedanke eines Abbruchs wird immer größer.

Einen Monat solle man die neue "Lösung" ausprobieren. Ich bin sprachlos. Und erschöpft.

Eine der Gäste aus dem Ökumenischen Büro bringe ich zum Bahnhof.

Ob ich mir einen Mentoratswechsel vorstellen könne, fragt sie.

"Auf jeden Fall", antworte ich ohne zu zögern. Dann kommt ihr Zug.






 
 
 

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