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In staatlicher Quarantäne

  • Autorenbild: Talartante
    Talartante
  • 7. Apr. 2022
  • 3 Min. Lesezeit

Knacken. Rauschen.

*ding dang dong*

„請於下午8點前回報體溫,謝謝您的配合。 PLEASE REPORT YOUR BODY TEMPERATURE BEFORE 8 AM, THANK YOU FOR YOUR COOPERATION. Mohon laporkan suhu tubuh sebelum jam 8 siang, terima kasih atas kerjasamanya. Vui lòng báo cáo nhiệt độ cơ thể của bạn trước 8 giờ chiều, cảm ơn bạn đã hợp tác. กรุณารายงานอุณหภูมิร่างกายก่อน 08.00 น. ขอขอบคุณที่ให้ความร่วมมือ“

*dong dang ding*

7.10 Uhr. Die Durchsage reißt mich jäh aus dem Schlaf. Jedes Zimmer ist mit einem Lautsprecher ausgestattet, ich fühle mich in Schulzeiten zurückversetzt. Nur dass ich im Unterricht nie so tief geschlafen habe. Vier Mal am Tag geben wir unsere Körpertemperatur durch. Dafür erhielten wir bei der Ankunft ein Fieberthermometer und luden uns die LINE-App herunter, der Messengerdienst in Taiwan. Auch an Tag vier habe ich mich an die bis zu 15 Durchsagen täglich nicht gewöhnt. Sie sind unglaublich laut und aufgrund der Mehrsprachigkeit und der Wiederholungen auch sehr lang.


Das Zimmer ist in Ordnung. Zwei Betten, zwei Studier-Tischchen, Schrank, Fernseher, Klimaanlage und Bad – mit Pissoir und regulärem Klo. Es gibt sogar einen kleinen Balkon, leider gehört der zum verbotenen Terrain. Den darf ich nicht betreten. Genauso wenig wie mein Zimmer verlassen oder gar das Essen zeitgleich mit meinem Gegenüber-Nachbarn im Flur ins Zimmer zu holen. Der Ausblick durch die Balkontür ist dennoch schön: Viel Grün, etwas Industrie und am Horizont ein doppelter Bergkamm. Bisher war es sogar meistens klar.


ree


Von einer Mitarbeiterin der Presbyterien Church in Taiwan (PCT) habe ich erfahren, dass ich es wohl gut erwischt habe: Nantou County, in dem die Unterkunft liegt, ist eine sehr beliebte Region. Viele Japaner und Japanerinnen verbringen hier ihren Ruhestand. Nur, dass ich bis auf diesen kleinen Ausblick nichts von der Region mitbekomme. Naja. Vielleicht komme ich ja nochmal her. Falls das hier irgendwann endet.

Henk, Paul und ich halten uns über eine Messenger-Gruppe bei Laune und auf dem neuesten Stand.

Das Essen ist meistens gut. Auch wenn ich oft nicht genau weiß, was ich gerade esse. Am ersten Quarantäne-Tag bekam ich sogar meinen ersten Bubble-Tea. Paul lud uns ein und in unseren Einzelzimmern sitzend prosteten wir uns beim Abendessen in Gedanken und per Textnachricht zu.




Was mich außer des Freiheitsentzuges besonders anstrengt, ist die Ungewissheit. Mittlerweile habe ich mit Leuten aus dem Gesundheitsministerium und den Koordinator*innen der Unterkunft geschrieben. Mehrfach habe ich meine Dokumente eingereicht, Daten durchgegeben. Wann wird der PCR genommen? Und wann kommen die Ergebnisse? Wann geht es wie weiter? Verlängert sich die Quarantäne? Auf meine Fragen erhalte ich keine Antwort. Ich bin mir unsicher, ob meinen Gesprächsgegenüber die Antworten nicht bekannt sind, oder ob es an der Sprache liegt.

Vielleicht gilt Fragen stellen auch als unhöflich. Selbst Paul, der sich hier in seiner Muttersprache unterhalten kann, ist zögerlich mit Nachfragen und hält lieber die Ungewissheit aus. Seine Hilfsbereitschaft ist jedoch größer als seine Zurückhaltung (vielleicht sagt man auch einfach nicht „Nein“?), sodass er oft für Henk und mich nachfragt. Ich ahne, über Kommunikation werde ich noch viel lernen müssen – weit über Vokabeln hinaus.

Den Tag vertreibe ich mir mit Lesen. Ich begebe mich auf ein „30-days Yoga Journey“ auf youtube, in der Hoffnung hier raus zu sein, bevor ich das 30-Tage Journey beende. Ich lerne Chinesisch, freue mich über aufmunternde Nachrichten und Anrufe von Freund*innen und Familie. Ich beobachte Käfer, die auf meinem Balkon schlüpfen und sterben.

 
 
 

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